Tschechoslowakische Landesbefestigung aus den Jahren 1935-1938
Politische Situation
Seit dem Anfang der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts arbeiteten die führenden Politiker der damaligen Tschechoslowakei (ČSR) zusammen mit der Armeeführung an einer tragbaren Verteidigungskonzeption, welche die Sicherung der Staatsgrenzen im Falle eines überraschenden feindlichen Angriffs ermöglichen sollte. Im Jahr 1933 übernahm die NSDAP mit Adolf Hitler als Reichskanzler die politische Macht in Deutschland. Seit dieser Zeit verschlechterten sich die bisher guten Beziehungen zwischen Deutschland und der ČSR zunehmend, was die tschechoslowakische Staatsführung in ihren Verteidigungsplanungen bestätigte.
ČSR – Verteidigungsfähigkeit und ihre relevanten Einflussgrößen
Die lang gezogene Form des Staatsgebietes wat für die Landesverteidigung äußerst ungünstig. In der Ost-West-Ausdehnung war die CSR fast 1 000 km lang.Die Grenze mit Deutschland war 1 545 km lang, nach dem Anschluss von Österreich an das Deutsche Reich im Jahr 1938 sogar 2 103 km lang.
Verteidigungsplanung
Nach eingehender Prüfung aller Alternativen wurde im Jahr 1935 eine grundlegende und umfangreiche Modernisierung der Tschechoslowakischen Streitkräfte eingeleitet. Parallel dazu – analog zur Situation in vielen europäischen Staaten – wurde entlang den tschechoslowakischen Grenzen der Bau eines mächtigen Befestigungssystems begonnen.
Der Ausbau war je nach Gefährdung der jeweiligen Grenzabschnitte in vier Etappen unterteilt, mit dem Projektabschluss wurde erst nach 1945 gerechnet.
An dem Ausbau des Befestigungssystems nahmen direkt oder indirekt Hunderte von tschechoslowakischen Firmen und zigtausend von Bürgern der ČSR teil. Die Landesbefestigung aus den Jahren 1935-1938 stellt das größte Bauprojekt auf dem tschechoslowakischen Gebiet dar.
Konferenz der europäischen Mächte in München
Zu einem vorzeitigen Ende des Ausbaus der tschechoslowakischen Landesbefestigung kam es Anfang Oktober 1938, nachdem die Regierung in Prag unter dem Druck eigener politischer Verbündeter die Beschlüsse der Münchener Konferenz annehmen musste. Ende September 1938 fand in München eine für Europa schicksalhafte Konferenz der führenden Politiker von Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland – ohne Vertreter der Tschechoslowakei – statt. Als Ergebnis dieser Konferenz musste die ČSR die Grenzgebiete mit deutschsprachiger Bevölkerungsmehrheit bis zum 10. Oktober 1938 an Deutschland abtreten.
Die meisten für die Verteidigungsfähigkeit der ČSR relevanten Befestigungsanlagen befanden sich auf diesen Gebieten und mussten vom tschechoslowakischen Heer widerwillig geräumt werden. Die internationalen Garantien der Großmächte konnten den Anschluss der Rest-Tschechoslowakei (d. h. Böhmen und Mähren; die Slowakei trennte sich schon ein Tag zuvor und erklärte am 14. März 1939 ihre Selbstständigkeit) an Deutschland am 15. März 1939 nicht mehr verhindern.
Durch dieses Nachgeben westlicher Politiker gegenüber Hitlers Deutschland wurden nicht nur günstige Ausgangsbedingungen für einen Angriffskrieg von Adolf Hitler geschaffen, sondern die Grundlagen für eine daraus resultierende Teilung Europas nach 1945 und die damit verbundene Entstehung des Kalten Krieges gelegt.
Nach 1946 wurden die Befestigungsanlagen an der Süd- und Westgrenze der Tschechoslowakei demnach in die Überlegungen der neu entstandenen politisch-militärischen Doktrin des Sowjetblocks integriert.
Die Befestigungswerke, die schon vor dem Krieg entstanden sind, bleiben als traurige Mahnmale für die tragischen Entwicklungen, unter deren Folgen viele Menschen leiden mussten. So ist ihr gegenwärtiger Beitrag als Museumsobjekte zu verstehen.